Biozidüberwachung 2020
Die Biozidüberwachung dient der regelmäßigen Kontrolle von Biozidprodukten, die in Österreich vermarktet werden. Bei jeder Überwachung werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt.
Schadstoffe in Textilien
Biozidüberwachungen dienen der Kontrolle von bestimmten Biozidproduktgruppen oder behandelten Waren. Über die Überprüfung der Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften hinaus werden auch Laboranalysen durchgeführt, die einen genaueren Blick auf die chemische Zusammensetzung der ausgewählten Proben ermöglichen. 2020 wurden erstmals behandelte Waren (in Form von Sport- und Freizeitkleidung) im Rahmen dieses Überwachungsschwerpunkts untersucht. Dieser Untersuchungsschwerpunkt wurde in Zusammenarbeit zwischen den Chemikalieninspektor:innen der Bundesländer, der Abteilung V/5 des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) und dem Umweltbundesamt durchgeführt.
Die Probenahme und die Überprüfung der Kennzeichnung aus biozid- und chemikalienrechtlicher Sicht erfolgte durch die Chemikalieninspektor:innen. Bei diesem Schritt konnten schon Mängel in Bezug auf die Kennzeichnung (Angabe der enthaltenen Wirkstoffe und der bioziden Wirkung der Artikel) festgestellt werden. Für die Koordinierung und Durchführung der Analysen war dann das Umweltbundesamt zuständig. Ausgewählte biozide Wirkstoffe, Schwermetalle und andere problematische Stoffe wurden in den übermittelten Proben untersucht. Die Auswertung der Ergebnisse ergab, dass manche Stoffe häufig in den Proben zu finden waren, ohne auf den Artikeln ausgewiesen zu sein. Auch ein verbotener Stoff (Triclosan) konnte in wenigen Proben nachgewiesen werden. Dies deutet darauf hin, dass in der Textilbranche ein hoher Handlungsbedarf (Überprüfung der eingesetzten chemischen Stoffe, Bewusstseinsschaffung über den einzuhaltenden rechtlichen Rahmen, etc.) besteht.
Projektablauf und Ergebnisse
Seit Jahren werden gemeinsam mit den Chemikalieninspektor:innen der Bundesländer Untersuchungen durchgeführt, so zum Beispiel 2017 zu Desinfektionsmittel, 2018 eine Monitoringstudie zu Rodentizide und 2019 zu Holzschutzmittel. 2020 standen erstmals behandelte Waren im Fokus des Überwachungsschwerpunktes. Das Thema „Schadstoffe in Textilien“ wurde ausgewählt. Die von den Bundesländern an das Umweltbundesamt übermittelten Proben bestanden aus Stichproben von Sport- und Freizeittextilstücken, die von den Chemikalieninspektor:innen der Bundesländer erhoben wurden. Kleidungsstücke (zum Beispiel Socken, Shirts, Hosen, Kopftücher) bildeten den größten Anteil des Probenumfangs, der aber auch aus einigen weiteren Textilstücken (Handtuch, Hüttenschlafsack) bestand. Die bioziden Wirkungen, die auf den Artikeln angepriesen wurden, lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen: Insektenschutz und antibakterieller Effekt. Dementsprechend waren die Wirkstoffe Permethrin (gegen zum Beispiel Stechmücken) und Reaktionsmasse aus Titandioxid und Silberchlorid (soll gegen Bakterien wirken) häufig auf den Artikeletiketten zu finden, wie in Abbildung 1 zu sehen ist.
Im Zuge des Projekts wurden dem Umweltbundesamt, in dessen Verantwortung die Projektkonzeption, die Koordinierung und die Durchführung der Analysen lag, insgesamt 47 Artikel zugestellt. Auf 43 von ihnen war zu erkennen, dass sie aufgrund ihrer ausgeschriebenen bioziden Eigenschaften als behandelte Waren im Sinne des Artikel 3 (1) l BPV anzusehen waren.
Die Analysen am Umweltbundesamt umfassten die Untersuchung von ausgewählten bioziden Wirkstoffen sowie von Stoffen, die im Herstellungsprozess eine Rolle spielen können und daher noch in den Artikeln zu finden sein könnten. Der Schwermetallgehalt (Silber, Kupfer, Zink) sowie der Gehalt an ausgewählten bioziden Wirkstoffen wurden in den Proben bestimmt. Dabei wurden auch Pyrethroide untersucht, da Wirkstoffe aus dieser Stoffgruppe häufig Textilien zugesetzt werden, die Insekten abwehren sollen (insbesondere Stechmücken). Zudem wurden auch die Stoffgruppen der Chlorphenole und der Azofarbstoffe sowie der Formaldehydgehalt analysiert – letztere Stoffgruppen waren jedoch in keiner der untersuchten Proben in einer bestimmbaren Menge vorhanden, was positiv hervorgehoben werden kann.
Bei einigen Proben wurden, schon vor der Übermittlung an das Umweltbundesamt, Mängel bei der Kennzeichnung durch die ChemikalieninspektorInnen festgestellt. Fehlende oder fehlerhafte Angaben der bioziden Eigenschaften sowie der eingesetzten Wirkstoffe waren die Hauptgründe für diese Mängel. Bei der Auswertung der chemischen Analysen stellte sich zum Beispiel heraus, dass manche Wirkstoffe sehr häufig in den Proben mit bioziden Auslobungen zu finden waren, obwohl sie nicht auf den Artikeln ausgewiesen waren.
Ein Beispiel für einen häufig in den Proben nachgewiesenen Wirkstoff ist 2-methyl-2H-isothiazol-3-one (MIT). Dieser Wirkstoff war nicht nur in Polstern von Fahrradhosen zu finden (dort waren die Konzentrationen verhältnismäßig hoch), sondern konnte in sehr vielen Proben in einer geringen Konzentration festgestellt werden. Obwohl MIT auf keiner der untersuchten Proben ausgewiesen war, besteht hier nicht unbedingt ein Verstoß gegen das Biozidrecht. MIT und andere ähnliche Wirkstoffe könnten nämlich zu Konservierungszwecken während der Lagerung der Textilstücke eingesetzt werden, so dass im Rahmen der Analysen Rückstande dieser Stoffe gefunden werden können. Eine ähnliche Erklärung trifft zum Beispiel auf den Wirkstoff 1,2-benzisothiazol-3(2H)-one (BIT) zu, der jedoch in etwas weniger Proben nachgewiesen werden konnte.
Auch die Schwermetallanalysen ergaben in vielen Fällen positive Befunde. Schwermetallverbindungen können in bioziden Wirkstoffen eingesetzt werden, aber auch in anderen Bereichen zum Einsatz kommen. Diesbezüglich ist also genau zu prüfen, mit welcher Absicht die nachgewiesenen Schwermetalle den Textilien hinzugefügt wurden. Bei einigen Proben geht diese Absicht klar aus der Beschriftung des Artikeltiketts, auf dem eine antibakterielle Wirkung und ein entsprechender Wirkstoff angegeben sind, hervor. Wenn dies nicht der Fall ist (zum Beispiel Angabe einer antibakteriellen Wirkung ohne ausgelobten Wirkstoff), ist eine genauere Prüfung der betroffenen Artikel ratsam. Die Zusetzung von Schwermetallverbindungen kann aber beispielsweise auch zur Gewährleistung einer besseren Hautverträglichkeit des Kleidungsstücks dienen – in diesem Fall wäre natürlich keine Angabe einer bioziden Wirkung notwendig, da diese auch nicht vom Verbraucher erwartet wird.
Bei den Proben, die als insektenabwehrend beworben wurden, konnte in den meisten Fällen der Wirkstoff Permethrin nachgewiesen werden, was auch den Angaben am Artikeletikett entsprach. Der Fall, dass eine Probe Permethrin enthielt, ohne Angabe des eingesetzten Wirkstoffs auf dem Artikeletikett (aber Anpreisung von insektenabwehrenden Eigenschaften) trat jedoch auch ein. Die Analysen des Überwachungsschwerpunkts bilden also eine gute Handlungsgrundlage für die zuständigen Behörden.
Auch ein nichtgenehmigter Wirkstoff konnte im Rahmen der Untersuchungen in zwei Proben (beides Shirts vom selben Hersteller) nachgewiesen werden: Triclosan. In diesen Fällen bedarf es einer genaueren Untersuchung des Einsatzzwecks dieses Stoffes in den Artikeln.
Alles in allem konnte nachgewiesen werden, dass es zwischen den Angaben auf den Artikeletiketten und den tatsächlich enthaltenen Stoffen einige Diskrepanzen gibt. Die Ergebnisse der Untersuchungen deuten darauf hin, dass es in der Textilbranche einen hohen Handlungsbedarf (Überprüfung der eingesetzten chemischen Stoffe, Bewusstseinsschaffung über den einzuhaltenden rechtlichen Rahmen, etc.) gibt.
Projektleitung
Jérôme Colson, Bettina Liebmann (Umweltbundesamt)
Probenahme
Chemikalieninspektor:innen der Bundesländer
Projektmitarbeit
Paul Krajnik, Franz Weinberger (BMK)
Labor
Umweltbundesamt und beauftragte Labore