Raum- und Luftdesinfektion (Vernebelung)

Vernebelungsverfahren ermöglichen durch Vernebelung oder Verdampfung von bestimmten Chemikalien die Desinfektion der Luft oder der Oberflächen in einem Raum. Meist kommen die bioziden Wirkstoffe Wasserstoffperoxid oder Aktivchlor aus Natriumhypochlorit in verdünnten wässrigen Lösungen zum Einsatz. Da Desinfektionsmittel in der Anwendung gefährlich für Menschen, Tiere und Umwelt sein können, ist äußerste Vorsicht geboten.

Foto Wiese im Gebirge

Raum- und Luftdesinfektion durch Vernebelung von Desinfektionsmitteln

Je nach Stand der Genehmigung des Wirkstoffes und Zulassung des Produktes sind Vorsichtsmaßnahmen und genaue Anweisungen für die Verwendung behördlich vorgeschrieben. Zwar dürfen unter gewissen Umständen auch Produkte ohne Zulassung vermarktet werden (siehe dazu Kapitel „Rechtlicher Hintergrund“), für diese gibt es aber keine ausreichenden Informationen zur Wirksamkeit und sicheren Anwendung.

Das Vernebelungsverfahren ist z. B. für den Einsatz in Operationssälen - mit nicht absorbierenden Oberflächen, geringer Möblierung und einer definierten Be- und Entlüftung – etabliert; von der Anwendung nicht zugelassener Produkte in öffentlichen oder privaten Räumen, wie etwa in Hotels, Restaurants, Geschäften, Büros, Schulen oder Privathaushalten ist abzuraten.

 

Wirksamkeit

Die eingesetzten Wirkstoffe sind sehr reaktiv oder können reaktionsfreudige Substanzen freisetzen. Dadurch sind sie geeignet, Bakterien, Pilze und Viren zu bekämpfen.

Die nötige Konzentration an Wirkstoff, die nötig ist, um auf Oberflächen eine ausreichende Wirksamkeit in einer vorgegebenen Kontaktzeit zu erreichen, wird von vielen Faktoren beeinflusst. Diese Faktoren umfassen neben dem Zielorganismus auch die Umgebungstemperatur, den Verschmutzungsgrad der zu behandelnden Oberflächen und die Art der Anwendung.

Für eine Anwendung in der Raumluft mittels Vernebelung sind zusätzlich die Raumgröße, die Luftwechselrate und die Raummöblierung zu beachten, um eine ausreichende Sättigung der Luft mit dem Wirkstoff zu erreichen. Ebenso ist zu beachten, dass während der Behandlung die zu behandelnden Oberflächen nicht berührt werden, um eine durchgehende Wirkung zu ermöglichen.

Im Moment liegen nur wenige Studien über eine Vernebelung in normal möblierten Räumen vor, die außerdem mit einer sehr hohen Wirkstoff-Konzentration (30-40 % v/v) durchgeführt wurden. Daher ist es noch nicht möglich, wissenschaftlich fundierte Aussagen über die Wirkung von Vernebelung in solchen Räumen zu treffen. Es wäre eine jeweilige Vorortprüfung mit den zu benutzenden Produkten notwendig, um eine ausreichende Wirksamkeit zu beweisen.

 

Gefahren für Gesundheit und Umwelt

Die Wirkstoffe oder deren Reaktionsprodukte gehen in Kontakt mit organischem Material unzählige neue Verbindungen ein, deren Identität und schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zum Teil noch nicht ausreichend geklärt sind.

Die Desinfektion durch Vernebelung erfolgt durch maschinelle Verteilung eines Aerosols, das im gesamten Raum verbreitet wird. Viele Wirkstoffe, die in der Vernebelung zum Einsatz kommen, können eine Reizung der Haut und/oder der Atemwege verursachen. Das ist auch bei Wasserstoffperoxid und bei aus Natriumhypochlorit freigesetztem Aktivchlor der Fall.

Das gesundheitliche Risiko hängt von der Raumluftkonzentration des Wirkstoffs und der Einhaltung von vorgegebenen Grenzwerten während der gesamten Behandlung ab. Kommt es zu Rückständen auf Oberflächen, ist zudem ein möglicher Hautkontakt mit der Oberfläche zu berücksichtigen. Je nach Wirkstoff kann es erforderlich sein, die Oberflächen nach der Anwendung zu neutralisieren bzw. zu reinigen.

Auch auf Umweltorganismen können die genannten bioziden Wirkstoffe schädliche Auswirkungen haben.

Die Konzentration des Wirkstoffes in der Raumluft reichert sich im Laufe des Vernebelungsverfahrens an. Die Beurteilung des Gefahrenpotenzials der Behandlung muss daher diese Gegebenheit in Betracht ziehen; die alleinige Gefahreneinstufung des zum Einsatz kommenden Produktes kann keine Aussage über die tatsächliche Gefährlichkeit der Anwendung treffen.

 

Bei hohen Konzentrationen Anwendung nur durch Fachpersonal

Daher dürfen Vernebelungsverfahren, die hohe Raumluftkonzentrationen erzielen, ausschließlich von berufsmäßigen Verwendern mit Zusatzqualifikation durchgeführt werden, die alle erforderlichen Maßnahmen zur sicheren Verwendung treffen. Dazu gehört u.a. vollständige Abdichtung des Raumes, Evakuierung aller anwesenden Personen und Kennzeichnung des Behandlungsbereiches. Erst nach Erreichen einer akzeptablen Wirkstoffkonzentration (Feststellung z. B. durch geeignete Messung), der Einhaltung einer Sicherheitswartezeit und nach Reinigung und Entsorgung von verschüttetem Produkt und leeren Behältern -auch das nur vom Fachpersonal - darf der Raum wieder betreten werden.

Nur wenn während des gesamten Vernebelungsprozesses die Konzentration in der Raumluft so niedrig gehalten werden kann, dass keine Grenzwerte überschritten werden, darf das Verfahren ohne Fachpersonal durchgeführt werden. Dabei ist aber vorher zu klären, ob dennoch die volle Wirksamkeit gewährleistet ist und ob die Unterschreitung des Grenzwerts auch zuverlässig während der gesamten Behandlung garantiert werden kann. Werden Wirkstoffe eingesetzt, die zu bedenklichen Rückständen auf Oberflächen führen, ist zudem das Risiko des Menschen nach Kontakt mit der Oberfläche zu beurteilen.

 

Empfehlungen

Das Vernebelungsverfahren ist an Räumen mit nicht absorbierenden Oberflächen, geringer Möblierung und definierter Be- und Entlüftung erprobt. Für andere Räumlichkeiten, etwa in der Hotellerie, der Gastronomie sowie in Geschäften, Büros, Schulen oder Privathaushalten ist der Einsatz der Methode nicht zu empfehlen, solange keine ausreichenden wissenschaftlich fundierten Wirksamkeits-Daten über solche Räume vorliegen. Abhängig von der Beschaffenheit, Größe und Möblierung der Räume sowie der Art und Dauer der Raumnutzung müssten vorher individuelle Konzepte entwickelt werden, um sichere und wirksame Anwendungsbedingungen festzulegen.

Es gilt ebenso zu unterscheiden, ob ein entsprechendes Vernebelungs- oder Verdampfungsverfahren für die Desinfektion der Raumoberflächen oder auch für die Desinfektion der Luft an sich ausgelegt ist. Ist ein Verfahren für die Desinfektion der Luft ausgelegt, um eine mögliche Ansteckungsgefahr zu reduzieren, sollte in Betracht gezogen werden, dass eine Wirkung nur bis zum Absinken der Viruspartikel gegeben ist, danach ist eine Oberflächendesinfektion (z. B. für Gegenstände, Tische, Türschnallen) notwendig. Ebenso müsste eine entsprechende Wirkung sehr schnell erreicht werden, um das Ansteckungsrisiko durch Virus tragende Personen, die den Raum betreten, oder sich darin aufhalten und regelmäßig neue Virenpartikel in die Luft abgeben, zu reduzieren. Ein regelmäßiger, ausreichender Luftwechsel durch etwa Stoßlüften oder eine Entlüftungsanlage würde ebenso das Risiko einer Ansteckung reduzieren.

 

Rechtlicher Hintergrund

Desinfektionsmittel sind Biozidprodukte und unterliegen umfangreichen Bestimmungen der EU-weit gültigen Biozidprodukte-Verordnung. In dieser sind rechtliche Bedingungen festgelegt, welche sicherstellen, dass ausschließlich wirksame Produkte, die kein unakzeptables Risiko für Mensch, Tier oder Umwelt darstellen, zur Anwendung kommen.

In einem zweistufigen Verfahren werden zuerst Wirkstoffe genehmigt, danach kann für Biozidprodukte, die bereits genehmigte Wirkstoffe enthalten, eine Zulassung beantragt werden. Sowohl die Genehmigung eines Wirkstoffes als auch die Zulassung eines Biozidproduktes gelten nur für Unternehmen, die an diesen Verfahren beteiligt sind.

Sowohl bei Wasserstoffperoxid als auch Aktivchlor aus Natriumhypochlorit handelt es sich um genehmigte Wirkstoffe. Das bedeutet, dass Produkte mit diesen Wirkstoffen nur dann verwendet werden dürfen, wenn die Produkte der Lieferanten bereits zugelassen sind oder sich in einem laufenden Zulassungsverfahren befinden. Die Verwendung anderer Produkte für die Desinfektion, die (ausschließlich) diese Wirkstoffe enthalten, ist verboten.

Einige Wirkstoffe sind im Gegensatz zu den beiden oben erwähnten noch nicht abschließend bewertet. Solange die Verfahren zur Bewertung dieser Wirkstoffe noch nicht abgeschlossen sind und sie noch nicht genehmigt sind, gelten für Biozidprodukte mit diesen Wirkstoffen abhängig vom jeweiligen EU-Mitgliedsstaat spezifische Übergangsregelungen.

Weitere Informationen

Der Arbeitskreis Innenraumluft veröffentlicht Positionspapiere zu Themen mit Bezug zur Raumluftqualität. Eines dieser Positionspapiere befasst sich unter anderem mit Raumluftdesinfektion. Darin wird auch Stellung zu Methoden, die mit dem Einsatz von bioziden Wirkstoffen verbunden sind, bezogen.

Positionspapier zur Raumluftdesinfektion

Weitere Informationen und Stellungnahmen des Arbeitskreises Innenraumluft finden Sie auf der Webseite des BMK.

Arbeitskreis Innenraumluft

Die Österreichische Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP) befasst sich auf ihrer Homepage ebenfalls mit Raumdesinfektion in Zusammenhang mit Covid-19.

Raumdesinfektion - eine sinnvolle Intervention gegen SARS-CoV-2?

 

Allgemeine Hinweise zur Desinfektion und Informationen über Zulassungen von Desinfektionsmitteln und Ausnahmen finden Sie auf den folgenden Seiten:

Allgemeines zur Desinfektion

Zulassungen und Ausnahmen